Wege kreuzen sich. Welche Richtung diesmal wählen?
„Dein Mund fließt den Abend hinab...”, summt es in ihrem Kopf und sie versuchte sich an die weiteren Zeilen zu erinnern. Leere. Sie streckt die Arme von sich und beginnt sich zu drehen. Schneller. Den Kopf zur Seite geneigt läßt sie ihre Gedanken fliegen. Die Worten formen sich:
“... Sulamith, Prinzessin aus tausend und meiner Nacht...” Die Worte bewegen sich, schnell mit ihr wie im Strudel:
“Dein Mund ... in tausend und meiner Nacht...Mein Mund fließt deinen Körper hinab...” Sie bleibt stehen, taumelt, öffnet die Augen und betritt den Weg der vor ihr liegt. Grüne Wiesen. Sie läuft am Fluß entlang einen an ihre Seite. Sie versucht ihm nahe zu kommen. Doch wenn sie die Hand nach im ausstreckt, ist die Berührung nur flüchtig. Er streift sie wie ein Lufthauch und entfernt sich von ihr. Sie versucht ihm schnell zu folgen. Die Wiese ist blau, tiefblau wie das Wasser der Flusses. Er steht am anderen Ufer und ruft ihr etwas zu. Der Wind treibt die Fetzen seiner Worte schäumend, wie die Wellen, gegen das Ufer. „Dein Mund fließt den Abend hinab...“ Sie will ihm antworten. Es zieht sie an das andere Ufer. Der Raum um sie wir blau, tiefblau wie das Wasser des Flusses. Sie beginnt zu schwimmen. Sie bewegt die Arme schnell und rudert gegen die Wellen. Massen, die über ihr zusammenschlagen. Das Wasser färbt sich schwarz und sie kann das Ufer nicht mehr sehen. Ihre Kraft schwindet. Am anderen Ufer ist er nur ein Punkt, den sie kaum noch wahrnimmt. Seine Stimme ist leise: „...Sulamith, Prinzessin aus tausend und meiner Nacht...”. Sie ist kraftlos und läßt sich treiben. In einen Strudel. Sie wehrt sich nicht und läßt sich in die kreisende Bewegung ziehen. Sie streckt die Arme von sich und überläßt sich dem Drehen. Schneller. Plötzlich: Ruhe, Stille. Sie öffnet die Augen und sieht einen Kreuzweg. Wege kreuzen sich. Welche Richtung diesmal wählen?
13.06.1999
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